Zwentendorf wird klimafit.

Zwentendorf wird klimafit.

Photovoltaik am Dach sorgt für Mobilität am Boden. Mit dabei ist das „erste" E-Auto von „Essen auf Rädern". Im Bild auf der Erde: GGR Manfred Bichler, Bürgermeisterin Marion Török, Christian Schäffer und Gmoakuchl-Leiter Manuel Bunzengruber ©GerhardBauer

09.03.2023

ZWENTENDORF AUF DEM WEG ZUR CO2-NEUTRALITÄT.
PV-Anlagen – Energiesparen – Ausfallsicherheit – Elektroauto – Energiegemeinschaften

Wir befinden uns in der KLIMAKRISE. Nach wissenschaftlichen Analysen haben wir nur noch ein Zeitfenster von 10 Jahren um eine Katastrophe abzuwenden. Ein Gespräch mit dem Umweltgemeinderat GGR Manfred Bichler fasst zusammen, welche Maßnahmen zur CO2-Reduzierung die Marktgemeinde Zwentendorf durchführt.

Rathauspost: Bis 2025 will die Marktgemeinde Zwentendorf CO2-neutral sein, d.h. sämtlicher Strom, den die Gemeinde benötigt, wird selbst erzeugt. Das bedarf gewaltiger organisatorischer und finanzieller Aktivitäten, die gleichzeitig gehoben werden müssen. 

GGR Manfred Bichler: Derzeit bringen wir viele Standbeine gleichzeitig auf Schiene. Auf unseren GEMEINDEDÄCHERN produzieren wir derzeit mit 349 kWp-Anlagen – Bauhof 1 & 2, Hauptpumpwerk, Kläranlage, Kindergarten Erpersdorf, Sportplatz Kabine und Tribüne, Rathaus, Volksschule 1 & 2, Mittelschule, Donauhof 1 – an die 340.000 kWh pro Jahr. Das ist ungefähr der Jahresbedarf von 113 Haushalten.

Bis in den Sommer schaffen wir weitere 320 kWp durch die Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern von Donauhof 2, Sozialzentrum, Kindergarten Zwentendorf und der Erweiterung der Bauhof-Anlage und der Volkschule. Teilweise müssen wir die Dächer verstärken. Diese Arbeit kann von unseren Facharbeitern im Bauhof bewerkstelligt werden. Auch die Anlagen auf den Feuerwehrhäusern Dürnrohr, Kleinschönbichl, Pischelsdorf und am Tennisstüberl in Preuwitz werden bis Sommer in Betrieb genommen. Alle Anlagen werden von unseren eigenen Mitarbeitern betreut und gewartet.
Die Feuerwehren Dürnrohr und Pischelsdorf und der Bauhof sind mit einem 20 kW-Speicher  als Insellösung versorgt. Auch beim Rathaus ist ein Speicher vorgesehen. Mit den fertigen Anlagen, die bereits in Betrieb sind, sparen wir 120.000 Euro im Jahr.  Die Anschaffungen von PV-Anlagen sind aufgrund hoher Förderungen so günstig wie noch nie. Insgesamt kostet die Inititiative an die 500.000 Euro. Abzüglich der Förderungen von Bund und Land von ca. 20 %.

Rathauspost: Und wie hoch ist deine CO2 Ersparung dabei? 

GGR Manfred Bichler: Bei einer 30 kWp Anlage spart man ca. 2,77 t CO², das wiederum entspricht ca. 127 gepflanzten Bäume. ... Ja. Da kommt sehr viel zusammen.

Rathauspost: So sind alle Dächer im Gemeindebesitz mit Photovoltaik versorgt. Welche Pläne gibt es noch?

GGR Manfred Bichler: Auf der ehemaligen Deponie von Zwentendorf entsteht eine 700 kWp SONNENINSEL. Das ZT-Büro Zeleny Infrastrukturplanung ist beauftragt. Bewilligungen und Förderungen sind beim Land NÖ eingereicht. Der Boden ist umgewidmet. Wenn alles gut geht und wir die Materialien erhalten, könnten wir eventuell mit Ende des Jahres 2023 Energie produzieren. Bei dieser SONNENINSEL ist auch der Naturschutz miteingebunden. Bestimmte Wiesenmischungen werden ausgesamt, der Zaun wird höhergestellt, damit das Niederwild unten durchlaufen kann. Schautafeln für Interessierte und Schulklassen erklären wie eine PV-Anlage funktioniert und veranschaulichen das Prinzip. Weiters eingereicht ist die Deponie in Oberbierbaum mit einer 1.900 kWp-Anlage.

Rathauspost: Die Leistungen der Anlagen sind sehr unterschiedlich. Wie schafft man es, dass der Strom dann dort verwendet werden kann, wo er benötigt wird?

GGR Manfred Bichler: Dazu haben wir eine ENERGIEGEMEINSCHAFT gegründet – in Zusammenarbeit mit der EZN (Energie Zukunft Niederösterreich, www.ezn.at). Der Energieüberschuss der einen Anlage kann so auf andere öffentliche Stromverbraucher geschickt werden.

Rathauspost: Die Gemeinde hat im letzten Jahr bis dato fünf neue E-Autos angeschafft. (Bild oben zeigt auch das alte E-Auto von "Essen auf Rädern").

GGR Manfred Bichler: Wir haben die Initiative von 30 % Förderung ausgenutzt und unseren Fuhrpark erneuert. So sind wir mit Sonnenstrom mobil. Aufgeladen soll möglichst dann werden, wenn die Sonne scheint.

Rathauspost: Das Wichtigste bei dieser Initiative ist und bleibt das Energie-Einsparen. Wie schaut es da aus?

GGR Manfred Bichler: Wir kontrollieren laufend die EVN-Zählpunkte. Dabei werden die Daten der letzten drei Jahre verglichen. Bei Abweichungen kann sofort eingegriffen werden. Das Um-und-Auf ist dabei die Bewusstseinsbildung und das Mittun jedes Einzelnen.

Warum ist Klimawandelanpassung so wichtig?

Düstere Prognose der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) für das Tullnerfeld.

Prognose für Zwentendorf in 80 Jahren
Quelle: Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG)

Tisch

Zwentendorf gehört zu einer von Österreichs Regionen, welche vom Bund im Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel unterstützt werden. Nun hat die ZAMG eine eigene Klima-Prognose für unsere Region erstellt.Es ist heute schon um +1,5°C wärmer! Zudem hat sich sowohl die Anzahl als auch die Intensität des Niederschlags geändert! Auf lange Trockenzeiten folgt oft intensiver Regen, den der trockene Boden dann kaum halten kann. Durch die Klimaerwärmung wird sich der Beginn der Vegetationsperiode weiter nach vorne verschieben. Anstelle von Ende März, werden wir in Richtung Anfang Februar gehen!

Hitze, Verdunstung und längere Vegetationsdauer werden dazu führen, dass wir mehr Wasserbedarf für unsere Landwirtschaft benötigen! Die ZAMG erwartet mit Ende des Jahrhunderts eine größere Trockenheit für jedes 2. Jahr.

Sollten weltweite Klimaschutzmaßnahmen ausbleiben, wird die Durchschnittstemperatur bis 2100 von +18,4 °C auf bis zu 23,8°C steigen. Wir hätten dann ungefähr das gleiche Klima, wie wir es heute aus der Türkei kennen. Unser Kühlbedarf würde um das Vierfache steigen.

Während wir heute rund neun Hitzetage pro Jahr haben, werden es 2100 um die 54 Tage pro Jahr mit über 30°C sein und bis zu 28 Nächte über 20°C. Früher gab es keine Nächte über 20 °C!

„Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit! Egal wie schwierig die derzeitige Situation auch ist, wir müssen vermehrt Klimaschutzmaßnahmen ergreifen, aber auch Schritte in Richtung Anpassung setzen.“, so die Bürgermeisterin Marion Török.